Das Museum Reinickendorf bietet für Schulklassen der Sekundarstufen I und II (ab 8. Klasse) Workshops und Projekte in den beiden Gedenkorten Eichborndamm 238 und Historischer Ort Krumpuhler Weg an.
Wir bitten um vorherige Absprache der Lehrkräfte mit dem Museum. Weiterführende Materialien zur Vor- und Nachbereitung des Gedenkstättenbesuchs können im Vorfeld gerne zur Verfügung gestellt werden.
Ansprechperson: Claudia Wasow-Kania
Bildung und Vermitlung / Erinnerungsarbeit
oder unter 030 90294 6457
Diese Angebote sind kostenlos.
Die zwei Gedenkorte
Auf dem Gelände Historischer Ort Krumpuhler Weg befand sich 1942-1945 ein NS-Zwangsarbeiterlager, betrieben von einer Tochterfirma Borsigs mit 1500 Insassen. Nach dem Krieg wurde 1955 hier eine Gartenarbeitsschule eröffnet. Der heutige Gedenkort mit Museum und Geschichtslabor weist eine vielschichtige Vergangenheit auf.
Im Juli 1941 wurde am Eichborndamm 238/240 die städtische Nervenklinik für Kinder, kurz »Wiesengrund« genannt, eingerichtet. Station 3 erhielt den täuschenden Zusatznamen »Kinderfachabteilung«. Die Klinik verfügte neben den Bettenzimmern über eine eigene Röntgenabteilung, ein Labor, einen Sektionsraum sowie Dienst- und Verwaltungszimmer. Am Gedenkort mit Geschichtslabor am Eichborndamm 238 können Schülerinnen und Schüler am authentischen Ort arbeiten.
Angebote Erinnerungsarbeit in Reinickendorf
Mein liebes Kind – Patenschaftsprojekt am Gedenkort mit Geschichtslabor am Eichborndamm 238
Wir suchen Paten für die Kinder vom Eichborndamm. Kommt mit!
Mit dieser Aufforderung ermutigt das Museum Reinickendorf Schülerinnen und Schüler, sich für das Gedenken an junge „Euthanasie“-Opfer im Nationalsozialismus zu engagieren. Für das Projekt Mein liebes Kind übernehmen Jugendliche Patenschaften für Kinder, die in der ehemaligen Städtischen Nervenklinik für Kinder getötet wurden.
Weitere Informationen und eine Dokumentation aller bisherigen Patenschaften dazu unter:
Entdecken, Erforschen, Bewerten und Ausstellen. Workshop am Gedenkort mit Geschichtslabor am Eichborndamm 238
Workshop für Schulklassen (Sek. I und II, ab 8. Klasse),
Dauer: 2-3 Stunden / nach Absprache
Thema / Zielsetzung / Kurzbeschreibung:
Im Workshop beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler mit den Geschichten der Kinder, die 1941–1945 mit dem Hinweis „R. A.“ in die sogenannte „Kinderfachabteilung“, kurz „Wiesengrund“ eingeliefert wurden. Das Kürzel „R.A.“ verwies auf die Einstufung „Reichsausschuss zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden“. Das Leben der Kinder wurde in der Zeit des Nationalsozialismus als „lebensunwert“ eingestuft. Diese Kennung erlaubte wissenschaftliche Forschung an Minderjährigen. 134 Kinder starben in der Folge an medizinischen Versuchen, an Medikamenten, die an ihnen ausgetestet wurden, mangelnder Ernährung oder an gezielten Tötungen. In Kleingruppen konzipieren die Jugendlichen anhand ausgewählten Akten-, Bild-und Textmaterials zu den Schicksalen der Kinder eine Mini-Ausstellung.
Ort: Gedenkort mit Geschichtslabor am Eichborndamm 238, 13437 Berlin
Der Wert des Menschen. Workshop am Gedenkort mit Geschichtslabor am Eichborndamm 238
Workshop für Schulklassen (Sek. II, ab 11. Klasse),
Dauer: wahlweise 3-4 Stunden
Thema / Zielsetzung / Kurzbeschreibung:
Körperlich und geistig beeinträchtigte Kinder und Jugendliche wurden 1941–1945 in die „Kinderfachabteilung“ kurz „Wiesengrund“ eingeliefert, wo an ihnen medizinische Versuche durchgeführt wurden, an deren Folgen viele Kinder starben. Bei dem Workshop fragen Schülerinnen und Schüler, welche Institutionen und gesellschaftlichen Normen die Basis und den Rückhalt boten, im Nationalsozialismus Menschen nach ihrer „Rasse“ und ihrem „Wert“ für den „gesunden Volkskörper“ einzustufen. Handlungsorientiert mit Quellen- und Textmaterial entwickeln die Jugendlichen ein Organigramm, dass die Verflechtungen zwischen der NS-Rassenideologie, NS-Gesellschaft und NS-Wissenschaft offenlegt. Die Schülerinnen und Schüler lernen, dass bereits vor dem Nationalsozialismus eine Ablehnung aller Minderheiten in der Gesellschaft tief verwurzelt war und können damit die Frage, wie es dazu kam, selbst beantworten.
Ort: Gedenkort mit Geschichtslabor am Eichborndamm 238, 13437 Berlin
Erinnerungskultur und Zukunftsgedächtnis, Spurensuche am Historischen Ort Krumpuhler Weg. Workshop oder Projekttag
Projekttag für Schulklassen (Sek. I und II, ab 8. Klasse),
Dieser Workshop eignet sich auch als Projekttag oder Projektwoche.
Dauer als Workshop: 3-4 Stunden
Thema / Zielsetzung / Kurzbeschreibung:
Auf dem Gelände Historischer Ort Krumpuhler Weg befand sich 1942–1945 ein NS-Zwangsarbeiterlager, betrieben von einer Tochterfirma Borsigs. 1500 Menschen mussten hier leben. In der Nachkriegszeit wurden die Baracken für Schulzwecke genutzt, in einem anderen Teil war ein Erziehungsheim für „schwer erziehbare Mädchen“ untergebracht. 1955 eröffnete hier eine Gartenarbeitsschule. Der heutige Gedenkort mit Museum und Geschichtslabor weist eine vielschichtige Vergangenheit auf. Die Schülerinnen und Schüler erforschen und analysieren mittels verschiedener Aufgabenstellungen das Gelände selbstständig und in Gruppenarbeit, untersuchen Objekte im Museum, werten Karten, Pläne, Fotografien und Dokumente aus, um sich mit den menschenunwürdigen Lebensbedingungen der Bewohner im Lager, der Rolle und Verortung der NS-Rüstungsbetriebe im Berliner Bezirk Reinickendorf und Formen des Widerstands im Alltag zu beschäftigen. Anschließend präsentieren die Jugendlichen ihre Ergebnisse in verschiedener Form. Ziel ist es, im Vergleich zu den demokratischen Idealen der Menschenrechte, das menschenverachtende Prinzip der Zwangsarbeit und der NS-Diktatur zu verdeutlichen. Der Umgang mit den geschichtlichen Ereignissen wird kritisch hinterfragt und in aktuelle Bezüge gestellt. Wir bitten um vorherige Absprache der Lehrkräfte mit dem Museum. Weiterführende Materialien zur Vor- und Nachbereitung des Gedenkstättenbesuchs können im Vorfeld gerne zur Verfügung gestellt werden.
Ort: Historischer Ort Krumpuhler Weg, Eingang Billerbecker Weg 123A, 13507 Berlin
Best Practice: „Schatten-Riss“ – Ein künstlerisches Projekt mit Schüler:innen des Humboldt Gymnasiums am Historischen Ort Krumpuhler Weg
Mitten im Wohngebiet befand sich am Billerbecker Weg 123 in Berlin-Tegel von 1942-1945 das Zwangsarbeitslager Krumpuhler Weg. Dort lebten sogenannte „Ostarbeiter“ – Zwangsarbeiter:innen aus Russland, der Ukraine und Belarus – sowie französische und italienische Kriegsgefangene unter unwürdigen Bedingungen. Sie mussten in den Rüstungsbetrieben Alkett I und II (Altmärkische Kettenwerke) und Maget (Maschinen- und Gerätebau Tegel) – beides Borsig-Tochterfirmen – körperlich schwere Zwangsarbeit leisten.
Über die Menschen, die in dem Lager leben mussten, ist abgesehen von ihren Nationalitäten nur wenig Persönliches überliefert. Um den Zwangsarbeiter:innen dennoch eine Gestalt und Stimme zu geben, wurden im Rahmen des Schülerprojekts „Schatten-Riss“ zehn fiktive Biografien zusammengestellt und durch eine Sammlung von Zitaten und Informationsmaterial ergänzt. Für die fiktiven Biografien wurden kurze Auszüge aus Interviews von Zeitzeug:innen genutzt, die zuvor im Museum Reinickendorf entstanden waren. Ziel des Projektes war es, einen multiperspektivischen Blick auf das Thema Zwangsarbeit im Nationalsozialismus zu werfen. Das bedeutete, sowohl die Schicksale der Zwangsarbeiter:innen wie auch die Position der umliegenden Nachbarschaft, der Lageraufseher sowie Werksmitarbeiter und Widerstandskämpfer mit einzubeziehen.
24 Schüler:innen der 9. Klasse des Humboldt Gymnasiums Berlin wurden durch künstlerische und theaterpädagogische Methoden an das Thema NS-Zwangsarbeit am Gedenkort und Geschichtslabor „Historischer Ort Krumpuhler Weg“ herangeführt. In kleinen Gruppen entwickelten die Schüler:innen jeweils zu ihren gewählten Figuren individuelle biografische Berichte und sprachen ihre Texte als Hörstücke ein. Um ihren Personen nicht nur eine „Stimme“, sondern auch einen „Körper“ zu geben, kreierten die Schüler:innen zu ihrer Figur eine spezifische Körperhaltung, die sie als farbige Schatten-Riss-Silhouette auf ein Stoffbanner sprühten.
Die Ergebnisse wurden zusammen mit den Hörstücken in einer Open-Air Ausstellung auf dem Areal des ehemaligen Zwangsarbeiterlagers am „Historischen Ort Krumpuhler Weg“ in Reinickendorf präsentiert.
Betreut und unterstützt wurde die Schulklasse durch die Kulturvermittlerinnen Imke Küster (Projektleiterin), Henriette Panik und Claudia Wasow-Kania (Museum Reinickendorf), finanzielle Förderung erhielt das Projekt durch den Berliner Projektfonds Kulturelle Bildung im August/September 2020.
Die Präsentation der Hörstücke mit den Schatten-Riss-Bildern ist dauerhaft über die Lern-App „Actionbound“ abrufbar.